Donnerstag, 31. Januar 2008

Jahresrückblick 2007 - Teil 3

Diesmal: Tonträger 2007

1. Friska Viljor – Bravo!
Die Nummer 1 geht an Schweden. Friska Viljor haben ein Album gemacht, mit dem ich bisher noch jeden aus meinem Zimmer vertreiben konnte. Der Legende nach schrieben zwei mehr oder minder bärtige Schweden dieses Album, nachdem sie beide von ihren Freundinnen verlassen wurden. Nicht, dass man ihnen das gönnen möchte, aber ich hoffe stark, dass die nächsten Alben auch ohne Trennungen so toll werden – und überhaupt: nach Trennung klingt der Großteil der zappeligen Songs beim ersten Hören nun gar nicht. Friska Viljor sind wohl auch die einzige Band, die den gleichen Song zweimal auf einen Album packt und ihn dabei kaum unterschiedlicher hätte klingen lassen können - am Beispiel „Shotgun Sister“ lässt sich die Band ganz gut erfassen: Echt miese Stimmung meets „Who cares? We’re gonna be fucked up anyway“-Attitüde. Bitte mehr davon – und ein paar mehr Konzerte im Norden fänd’ ich auch ganz gut.

2. Nina Nastasia & Jim White – You Follow Me
Ach toll. Ein weiterer Teil aus der Reihe „Steve Albini werkelt am Album einer Folk-Tante herum und auf einmal spucken einschlägige Musikmagazine und –websites nahezu Höchtswertungen aus“. Toll, davon gibt das ja auch nur etwas 382 Teile. Manchmal schreckt mich der Name Steve Albini schon davor ab, mich überhaupt mit irgendeinem Album zu befassen, weil mich dieses grenzenlose Steve-Albini-hilft-Folk-Ischen-supi-gut-Finden …nun ja, tierisch nervt. Also hatte ich mir auch vorgenommen dieses Album einfach zu ignorieren. Wie es denn aber so kam, stand es im Saturn so in der Tonträger-Abteilung rum, der Preis war annehmbar – also warum nicht mal reinhören? „I’ve been out walking“ Es dauerte ungefähr 20 Sekunden, dann war es um mich geschehen ( furchtbar abgedroschene Phrase…). Dieses Album hat irgendwas, was einen nicht mehr loslässt – trotz der sehr sparsamen Instrumentierung. Jim White setzt mit seinem Getrommle mein Taktgefühl völlig außer Kraft ( im Ernst, was macht er da manchmal? ), dazu spielt Frau Nastasia Gitarre und singt mit unheimlich angenehmer Stimme folkige Songs. Das ist alles – und man vermisst gar nichts. Wozu Bass, Klavier oder Elektrogefrickel? Das hier hat alles, was man braucht. Und vielen Dank für „The day I would bury you“.

3. The Kissaway Trail – dto.
Und schon wieder Skandinavien! The Kissaway Trail haben dieses Jahr eindeutig das bessere Arcade Fire Album gemacht ( jaja, ich weiß, den Vergleich bring ich jedes Mal, es wird langweilig ). Das allerdings mit weniger Leuten. Sieht man das Bild der fünf Jungs im CD-Booklet erwartet man von ihnen eher skandinavisch anmutenden Indie-Disco-Rock’n’Roll, aber glücklicherweise haben sie ein wunderschönes und überschwängliches Indie-Pop-Album gemacht – voller Textzeilen, die man sich auf den Körper tätowieren lassen möchte, um mehr von diesem allumfassenden Gefühl in sich aufzunehmen, dass The Kissaway Trail da erzeugen.

4. Celebration – The Modern Tribe
Zugegeben: Gekauft hab ich das Album erst dieses Jahr. Da ich aber noch Ende 2007 das erste Mal reingehört hab und schon da wusste, wie sehr es mir gefallen würde, erlaube ich mir einfach mal, es mit in diese Liste aufzunehmen. Falls sich jemand beschweren möchte – bitte, dann nehme ich es halt auch in die 2008-Liste mit auf, kein Problem.
Es wäre zu einfach, jetzt zu sagen „Musik, die klingt wie das CD-Cover“. Aber eine viel bessere Beschreibung fällt mir nicht ein. Ein Musikmagazin schrieb was von „Blood Brothers meets Yeah Yeah Yeahs“, das würd ich auch nicht so unterschreiben…
Deswegen mal so: Celebration klingen so, wie sie heißen: Drei Leute (=Celebration) laden viele viele Freunde ein (=diverse Gastmusiker) und feiern eine chaotische Party.
Vielen mag die Stimme von Katrina Ford zu nervig sein – ich persönlich, die ja gerne Miss Frauenstimmen-sehr-kritisch-beurteil-und-fast-alle-nervig-oder-zu-dünn-und-süßlich-find genannt wird ( glatt gelogen, so nenn ich mich ja noch nicht mal selbst ), find sie völlig in Ordnung, passt eben sehr gut in die Stimmung der Musik dieser Band ( okay, „Pony“ ist grenzwertig, da klingt sie wirklich gewöhnungsbedürftig bis anstrengend ). Ich wünsche dieser Band noch weiterhin viel Spaß am Feiern.

5. Naked Lunch – This Atom Heart Of Ours
Diese CD hab ich auf gut Glück in der Bücherei ausgeliehen – ohne große Erwartungen. Und wie es häufig so ist wenn man keine Erwartungen hat – wurde ich überrascht. Auf einige mag dieses Album kitschig wirken – ich finde es unheimlich schön. Das Cover zeigt eine Berglandschaft. Unwillkürlich muss ich hierbei an eine lange Wanderung durchs Riesengebirge in Prag denken – man schleppt sich durch die Sonne, gelegentlich kommen Windböhen auf, die die Körpertemperatur auf gefühlte 15°C senken, aber man fühlt sich wohl und hat noch dazu eine beeindruckende Aussicht. Und - egal wie abgedroschen sich das anhören mag – so klingt dieses Album. Das Booklet ist eher sparsam gestaltet: Es zeigt Fotos von Pfaden im Gebirge und in der Mitte ist ein Foto von abgegriffen aussehenden Polstermöbeln und einer Küche, die ihre besten Tage schon hinter sich hat – mitten im Grünen. Der einzige abgedruckte Songtext ist der von „Military Of The Heart“ – der Song, der das ganze Album irgendwie zusammenfasst.
Zusammengefasst kann man also sagen, „This Atom Heart Of Ours“ klingt nach einer Wanderung durch die Berge, und nach dem Gefühl, in der Sonne Rast zu machen und dabei mit Freunden Erdnüsse zu essen.

6. Sunset Rubdown – Shut up I am dreaming
Wenn ich jetzt sehr streng bin, müsste auch dieses Album von der Liste verschwinden – immerhin ist es schon 2006 erschienen. Allerdings war das offizielle Deutschland-Release erst 2007, von daher geht das klar ( auch wenn meine Ausgabe des Albums ein Import ist ). Ehrlich gesagt hätte ich dieses Album auch am liebsten aus der Liste rausgelassen – viel fällt mir dazu nicht ein. Wer Wolf Parade mag wird Sunset Rubdown auch mögen, soviel ist klar. Ich lege einfach allen Leuten ans Herz, sich mal „Shut up I am dreaming of places where lovers have wings“ anzuhören – der letzte Song dieses Albums ( sehr passend, wie ich finde ). Entweder, sie verstehen dann, warum ich dieses Album so in mein Herz geschlossen habe – oder sie werden wohl schon von der Stimme abgeschreckt.

7. iLiKETRAiNS – Elegies To Lessons Learnt
Zugegeben: Aus der Masse sticht dieses Band nicht gerade hervor. Fakt ist aber, dass sie dieses Jahr ein ziemlich gutes Album herausgebracht haben. Es fängt etwas schleppend an und gerade, wenn man die CD seufzend als Fehlkauf abstempeln möchte und lieber in eine Interpol-CD tauschen möchte, kommt da etwas, was einen doch wieder hinhören lässt. Und was einem, selbst wenn man an der Heizung sitzt, zum Frieren bringt. Aber auf eine sehr angenehme Art.

8. Menomena – Friend And Foe
Was genau Menomena machen, weiß ich nun auch nicht. Die Songs schleichen sich auf seltsame Art und Weise in die Gehörgänge und obwohl ich das Album erst wenige Male gehört habe, hab ich das Gefühl, es schon seit Jahren zu besitzen. Das mag vielleicht nicht positiv klingen, ist aber so gemeint.

9. The Weakerthans – Reunion Tour
Die Weakerthans. Über die hab ich in diesem Blog auch schon einige Worte verloren. Wenn ich diese Band hören möchte, lege ich vorzugsweise allerdings nicht unbedingt dieses Album ein. Trotzdem: Einen Platz in der 2007 Top 10 haben sie sich verdient.

10. Stars – In Our Bedroom After The War
Jetzt muss ich ehrlich sein. Und Ehrlichkeit bedeutet in diesem Fall, diesem vor Kitsch triefenden, pathetischen Album einen Platz in dieser Liste zu geben. „The night starts here“ ist das, was Musikredaktionen gemeinhin als „Übersong“ bezeichnen. Und auch sonst hat dieses Album einen starken Anfang und einen guten Mittelteil. Man kann sich mit diesem Album wohlfühlen ( außer man hat eine große Abneigung gegen Kitsch, dann wird man während des Hörens wahrscheinlich eher zum Fremdschämen übergehen ). Schön, Punkt.

Andere nette bis gute Platten:

Troy Von Balthazar – dto.
Das Langweiler-Album. Ja. Das trifft es. Lange wusste ich nicht, warum Troy auch mal mit Cat Power verglichen wird. Jetzt weiß ich’s. Trotzdem schreibt Troy so viele hübsche kleine Songs, denen man allen einen Platz in seinem Herzen freiräumen möchte, dass man ihm fehlende Variationen gerne verzeiht. Und wenn Adeline Fargier, mit ihrem dünnen aber auch irgendwie charmanten Stimmchen Troys Gesang mit Zeilen wie „Bad people happen to things like me“ unterbricht, möchte man sich sofort einen Kajalstift schnappen und das an den nächstbesten Schrank schmieren.

Radical Face – Ghost
Wenn man mal die Zeit hat, sich auf den Zimmerboden zu legen und an die Decke zu starren – dann sollte man dieses Album als Soundtrack wählen. Die perfekte Herbstplatte, nur leider von mir im Sommer gekauft.

Arcade Fire – Neon Bible
Eine handvoll großer Songs trifft auf verzichtbaren Rest. Trotzdem: Allein für „Keep the car running“ und „No cars go“ müssen Arcade Fire hier noch mal erwähnt werden! Wer spricht eigentlich immer von "Intervention" als dem größten Hit des Albums? Aber Songs wie „Windowsill“ oder das ganz schlimme „Black wave/Bad vibration“ müsst ihr nicht noch mal schreiben, liebe Leut.

Wir Sind Helden – Soundso
Jedes Intro klingt gleich auf dieser Platte. Trotzdem retten die Helden sich mal wieder aus eintönigem Songbrei und zaubern einen Haufen toller Texte – jeder wird hier eine Zeile finden, bei der er sich seiner Gedanken beraubt fühlt.

Locas In Love – Saurus
Erstmal: Hübsche Aufmachung! Die Vinylplatte steckt in einer Leinentasche, die CD-Version in einem Pappkarton. Und drin steckt: Gut gemachte deutsche Musik, die Texte schwanken zwischen genial und banal – aber für „Commandante“ und „Rosa Mond“ verdienen sie hier schon eine Erwähnung. Außerdem ist das wohl das einzige geheime Martin-Diss-Album.

CocoRosie – The Adventures Of The Ghosthorse And Stillborn
Toller Einstieg, hier jagt ein Hit den nächsten. Dann auch wieder ein, zwei verdammt gute Songs im Mittelteil. Leider klingt das Album dann sehr uninspiriert aus, da fragt man sich schon, ob den werten Schwestern da die Ideen ausgegangen sind. Hindert das viel versprechend anfangende Album leider daran, ein gutes Album zu werden

Tori Amos – American Doll Posse
Hmm, nicht so tolles Album. Muss aber erwähnt werden weil Tori. Toooori!

Und dann gibt es natürlich noch Alben, die einen Platz in der Liste verdient hätten, wären sie aus dem Jahr 2007 gewesen. Aber die dürft ihr euch ausdenken.

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