Mittwoch, 17. September 2008

Lesen und so.

Vor kurzem hatte ich das Vergnügen, mir aus einer so-called "Grabbelkiste" zwei vergünstigte Bücher (weil Mängelexemplar) aussuchen zu dürfen.
Man kennt diese Kisten ja: Man wühlt und wühlt und trifft mindestens viermal auf den gleichen Kitschroman oder Lebensratgeber. Mit ein bisschen Geduld kann man allerdings aus vielen dieser Kisten etwas lesbares oder sogar etwas richtig gutes fischen.
Meine Wahl fiel auf diese Bücher: Eines, von dem ich schon öfter gehört hatte, es mich aber nie so interessierte, dass ich tatsächlich daran dachte, den vollen Preis auszugeben, und ein Buch, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, dessen Klappentext allerdings nett klang (und ja, es war das einzige Buch in dieser Kiste, das noch in irgendeiner Form mein Interesse weckte).

Jetzt sind beide durchgelesen (erst zaghaft und unregelmäßig angefangen, dann aber praktisch in einem Ruck durchgelesen) und ich möchte ein paar Worte darüber verlieren.

Markus Kavka & Caroline Korneli - Mach mir mal 'ne Nudelsuppe, bevor ich dich besudel, Puppe!
Wer stolpert nicht über diesen Titel?
Dieses Buch ist weder Sachbuch noch Roman. Es enthält die Aufzeichnungen eines Gespräches der beiden "Autoren" über das allseits beliebte Diskussionsthema Männer und Frauen.
Dazu kann jeder etwas sagen, schließlich ist jeder irgendwie Mann oder Frau und hatte schon mal Kontakt mit dem anderen Geschlecht.
Herr Kavka und Frau Korneli ruhen sich zum Glück in ihren Gesprächen nicht auf Klischees aus und es geht auch nicht in Themenrichtungen à la Einparken-Zuhören-Shoppingwahn etc. Als eine Diskussion ist ihr Gespräch kaum noch zu bezeichnen. Vielmehr tauschen die beiden Erinnerungen und Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht aus und geben so viel von sich selbst preis. Viel mehr dazu lernt der Leser also auch nicht wirklich, außer Anekdoten und Privates aus dem Leben der beiden Moderatoren. Dieses Buch basiert eben nicht auf wissenschaftlichen Fakten, sondern auf subjektiven Eindrücken zweier Personen, die auf deren Erfahrungen und auch Erziehung basieren. Dabei drücken sie dem Leser ein ganz bestimmtes Bild von sich auf's Auge (Kavka = der hofflungslose Romantiker, man merkt sofort, wieviel ihm an einer Person liegt, wenn er von ihr spricht / Korneli = die toughe, abgeklärte und coole Frau, die sich nicht zu großen Gefühlskundgebungen hinreißen lässt, es sei denn, es geht um ihr Kind, auch wenn sie nett über ihren Mann spricht, so kommt bei Kavka eindeutig mehr Liebe zu den Personen, die er liebt, rüber).
Fazit: Hätte sich als Kolumne in einem Magazin besser gemacht, so ließ es sich angenehm lesen, da nicht auf Klischees rumgeritten wird und beide Moderatoren sympathisch sind und nachvollziehbare Ansichten haben, aber ich werde es wohl nicht öfter zu Hand nehmen. Für mich kurzweilige Unterhaltungslektüre. Eignet sich vielleicht gut als Geschenk für Leute, bei denen man nicht weiß, was man ihnen schenken könnte. Wäre zumindest eine nette Alternative zum obligatorischen Duschgel.

Peter Carey - Wrong about Japan - Eine Tokyoreise
Auch kein Roman, sondern eher ein Reisebericht. Aber auch kein richtiger "Reisebericht".
Die "Ausgangsidee" des Buches dürfte zumindest jeden, der sich in seiner Jugend auch nur ein bisschen für Manga, Anime und/oder Japan interessiert hat zum lächeln bringen: Charley, Peter Careys Sohn, beginnt sich im vorpubertären Alter für eben diese Themen zu begeistern und ist sich nach dem Film Kikujiros Sommer sicher: "Wenn ich erwachsen bin, werde ich in Tokyo leben." Der ansonsten, vor allem in der Schule, stille Junge "blüht auf", wenn es um dieses Thema geht. Sein Vater nimmt die neue Leidenschaft seines Sohnes als Anlass, mal wieder nach Japan zu reisen - mit seinem Sohn. Der zunächst nicht umbedingt begeistert ist, sondern darauf besteht, nicht das "Echte Japan" sehen zu wollen. Was für ihn heißt: Keine kulturellen Ausflüge, er will das Japan seiner Phantasie. Manga, High-Tech-Ausstattung, Manga, Merchandise und noch mehr Manga. Und welches Kind, das sich im zarten Alter von vielleicht elf nach Sailor Moon oder einer ähnlichen Serie nicht auch für Japan zu interessieren begann, hat in der ersten Zeit seiner Faszination nicht das gleiche Bild gehabt? Und wie vielen Leute ist nicht, nachdem sie älter und abgeklärter wurden und sich ihre Vision von einem Mangaland hinter den sieben Bergen zerschlug, ihr Interesse verlorengegangen?
Nun, Vater und Sohn machen sich jedenfalls auf zu einem Trip nach Tokyo. Carey interviewt auf dieser Reise diverse Anime-Regisseure (auf Wunsch seines Sohnes), die beiden treffen Takashi, eine Internetbekanntschaft Charleys, und lernen durch ihn eine andere Vorstellung von Höflichkeit kennen und auch sonst klären sich viele Missverständnisse auf, der verklärte und zu Überinterpretation neigende Blick des Autors wird etwas gedämpft.
Alles in allem klingt es bisher ziemlich klischeehaft - Ausländern wird in Japan ihr bisheriges Bild dieses Landes zerschlagen. Aber das ist nicht das einzige Thema dieses Buches.
Viel lernt man im Prinzip allerdings auch nicht dazu - außer ein paar wissenswerten Kleinigkeiten. Der Reisebericht ist angenehm zu lesen und enthält viele hübsche Anekdoten, zum Beispiel der Kabuki-Besuch von Carey und seinem Sohn, der für Charley der reinste Horrortrip war. Nur die Interviews mit den Regisseuren sind häufig zu lang und stellenweise nicht sonderlich interessant.
Man bekommt nebenbei viele nette Anime-Empfehlungen (allerdings nicht umbedingt "Geheimtipps") und Reiseführer-Tipps, die über den Standard-Reiseführerkanon (Marco Polo, DuMont...) hinausgehen und alternative Vorschläge über den üblichen Touristenstandard hinaus zu bieten scheinen (Charley wollte ja auch ganz entschieden fern von sämtlichen kulturellen Stätten bleiben).
Sehr hübsch ist auch die Szene, in der Carey und Charley mit einem japanischen Freund "Totoro" ansehen und der sie über viele Kleinigkeiten aufklärt, die man ohne genaues Hinsehen gar nicht wahrnehmen würde.
Alles in allem erzählt dieses Buch die nette Geschichte von Vater und Sohn auf Reisen, gespickt mit kleinen Infos über das Land, unterhaltsam, aber mit einigen Längen und ohne große Überraschungen. Keine Pflichtlektüre, aber die 2,50€ auf dem Wühltisch wert.
Und: Die beiden gehen zu Starbucks! Aber: "Wie hieß doch gleich dieser Lehrer [...]? Hat er euch nicht beigebracht, das Starbucks böse ist?

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